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Von Island bis Malta: Das Panama-Beben

Von Island bis Malta: Das Panama-Beben

Am 3. April 2016, um 20 Uhr deutscher Zeit, fiel der Startschuss zur Veröffentlichung der Panama Papers. Zeitgleich schaltete die Süddeutsche Zeitung ihre Projekthomepage live, die Tagesschau sendete einen langen Beitrag. Die Enthüllungen blieben nicht ohne Folgen: Der isländische Premierminister musste zurücktreten, ebenso ein wichtiger Ethiker des Weltfußball-Verbandes Fifa. In rund 80 Ländern weltweit wurden Ermittlungen gegen die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca oder ihre Kunden eingeleitet, Parlamente setzten Untersuchungsausschüsse ein, viele Länder beauftragten Sonderkommissionen. Auf vier Kontinenten haben Fahnder Büros, Wohnungen oder Warenhäuser durchsucht. Im Februar 2017 wurden schließlich die beiden Eigentümer von Mossack Fonseca, jenes Offshore-Dienstleisters im Mittelpunkt des Skandals, festgenommen. Mossack Fonseca sei eine "kriminelle Organisation", hieß es von Ermittlern. Die Kanzlei weist die Vorwürfe zurück. 

Eine Übersicht über die wichtigsten Fälle und ihre Entwicklungen.


Island – Das Beben

Nirgendwo schlugen die Panama Papers so ein wie in Island. Schließlich gehörten zu den etwa 600 isländischen Namen in den Daten auch die des damaligen Premierministers, Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, des Finanzministers und der Innenministerin. Alle drei hatten Verbindungen zu Offshore-Firmen, ohne sie öffentlich zu machen. Vor allem Premier Gunnlaugssons machte nach der Enthüllung keine gute Figur: Ein Journalist fragte ihn im TV-Interview nach der Firma Wintris, gegründet auf den Britischen Jungferninseln, die anfangs auch ihm, später allein seiner Frau gehört hat und Anleihen an isländischen Pleitebanken hielt. 

Der Politiker Gunnlaugssons war auch an Entscheidungen beteiligt gewesen, die diese Banken betrafen. Das TV-Interview brach er vor laufender Kamera ab. Am Tag nach der Ausstrahlung demonstrierten vor dem Parlament so viele Isländer wie wohl nie zuvor, zwei Tage später trat der Premier zurück. Im Mai kamen Offshore-Verbindungen der First Lady ans Licht. Ihr Mann, der damalige Präsident Ólafur Ragnar Grímsson, hatte genau das zuvor ausgeschlossen.

Bei den Neuwahlen Ende Oktober straften die Isländer die Partei des verjagten Premiers ab. Finanzminister Bjarni Benediktsson dagegen – der selbst Anteilseigner und Bevollmächtigter einer Firma mit Sitz auf den Seychellen gewesen ist – wurde nach der langen Regierungsbildung im Januar 2017 Premierminister. Seine konservative Unabhängigkeitspartei blieb stärkste Kraft. Gleichzeitig schnitten die jungen Parteien so gut ab wie nie. Die Piraten verdreifachten die Zahl ihrer Sitze, die erst im Mai gegründete Reformpartei kam auf über zehn Prozent. Silke Bigalke


Die deutschen Banken – Brisante Prüfungen

Die Offshore-Altlasten der deutschen Banken wiegen schwer: Rund 1200 Briefkastenfirmen haben sie allein mit Hilfe der Skandal-Kanzlei Mossack Fonseca gegründet oder verwaltet. Wie viel Geld dem deutsche Fiskus dadurch durch die Lappen ging, ist bisher nicht beziffert. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin, reagierte mit klaren Worten auf die Enthüllungen der Panama Papers: Man werde die Banken gründlicher kontrollieren. Statt sich wie bisher auf externe Wirtschaftsprüfer zu verlassen, wolle die Bafin Unterlagen öfter selbst auswerten – und bei den Panama Papers damit anfangen. Jetzt ist allerdings klar: Die Bafin beauftragt doch wieder einen externen Dienstleister mit der Untersuchung der Panama-Deals. Elf Kreditinstitute haben schon Unterlagen vorgelegt, 1,5 Terabyte Daten kamen so zusammen. Welcher Dienstleister die sichten wird, teilte die Behörde auf SZ-Anfrage bislang nicht mit. Brisant könnte es werden, sollte eine der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu Zug kommen, die teilweise selbst im Offshore-Geschäft tätig sind.

Wie wichtig eine lückenlose Aufklärung durch den Staat ist, zeigt das Beispiel Berenberg: Die Hamburger Privatbank beharrt darauf, „keine Geschäftsbeziehung“ zu Mossack Fonseca gepflegt zu haben, obwohl die geleakten Panama-Dokumente das Gegenteil zeigen. Berenberg-Chef Hans-Walter Peters erschien auch nicht vor dem Panama-Untersuchungsausschuss der Europäischen Union in Brüssel – weder in seiner Funktion als Berenberg-Chef noch als Präsident des Deutschen Bankenverbands. Vanessa Wormer


Pakistan – Ganz gelassen

Ein Kolumnist der pakistanischen Zeitung Express Tribune schrieb Anfang März: „Wahr ist, das fast nichts in der pakistanischen Politik vorhersehbar ist.“ Was also wird geschehen, wenn die gerichtliche Untersuchung zu den Panama Papers in Pakistan zu dem Schluss kommt, dass die Familie des Premiers Nawaz Sharif in schmutzige Geschäfte involviert war, als sie mit Offshore-Firmen operierte, die ihrerseits Luxusimmobilien in London hielten?

Die Dokumente haben vor einem Jahr die Namen von drei Kindern des Premiers mit Briefkastenfirmen in der Karibik in Verbindung gebracht, zum Beispiel von Sharifs Tochter Mariam Safdar. Doch Sharifs Anhänger sind zuversichtlich, dass der Premier die Untersuchung politisch übersteht, die er im November unter wachsendem Druck zulassen musste. Was immer die Richter über die Geschäfte der Kinder und über Geldflüsse im Zusammenhang mit den Londoner Immobilien feststellen werden: Direkte Verbindungen des Regierungschefs zu den fraglichen Briefkastenfirmen kamen bisher nicht ans Licht.

Die Glaubwürdigkeit aller politischen Parteien in Pakistan hat stark gelitten. Sharifs Lager ist damit nicht allein. Der Verdacht auf Vetternwirtschaft und Missmanagement ist nahezu universell in Pakistan. Im Volk herrscht Frust, die Leute sind überzeugt, dass Politik und Korruption seit Jahrzehnten untrennbar verquickt sind. Sogar die Empörung des selbst ernannten Saubermanns und Sharif-Rivalen Imran Khan hat einen seltsamen Klang. Denn der Ex-Sportler hatte schon vor Jahrzehnten, in seiner Zeit als Cricket-Star, Offshore-Firmen genutzt, um Steuern zu sparen. Das erhöht dessen Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Sharif keineswegs. Dennoch hat diese Episode Khans Angriffslust nicht gemildert. Der Premier ist erst einmal in Deckung gegangen und wartet ab. Besonders nervös wirkt er nicht, hat er doch schon viele Stürme in seiner Karriere überstanden. Arne Perras


Fifa – Ausgespielt

Das großen Beben beim Weltfußballverband Fifa begann bereits gut zehn Monate vor Veröffentlichung der Panama Papers: Ende Mai 2015 wurden sieben Funktionäre in Zürich festgenommen, weil sie Rechtehändlern Media- und Marketingrechte für Fifa-Wettbewerbe in Süd- und Nordamerika gegen Schmiergeld in Millionenhöhe zugeschanzt haben sollen. Unter den Verhafteten war der Uruguayer Eugenio Figueredo, Vizepräsident der Fifa. Aus den Panama Papers wird klar: Seine Familie und er hatten elf Briefkastenfirmen bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Drei von ihnen wurden im Auslieferungsgesuch der uruguayischen Justiz an die Schweizer Behörden namentlich genannt: Mithilfe dieser Firmen habe Figueredo Bestechungsgeld gewaschen und für den Kauf von Immobilien in Uruguay verwendet. An Weihnachten 2015 wurde er an sein Heimatland überstellt und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Aus gesundheitlichen Gründen gewährte ihm die Richterin im April 2016 Hausarrest.

Zwei der drei genannten Briefkastenfirmen vermittelte ihm die Kanzlei seines Landsmannes Juan Pedro Damiani (Bild Mitte). Insgesamt hatte dessen Kanzlei mehr als 400 Briefkastenfirmen bei Mossack Fonseca unterhalten. Damiani wiederum saß bis April 2016 in der Fifa-Ethikkommission, die über das Fehlverhalten Figueredos und anderer Funktionäre befinden sollte. Darüber informierte er den Weltverband erst, nachdem die SZ ihn mit den Vorwürfen konfrontiert hatte. Drei Tage nach Veröffentlichung der Panama Papers erklärte Damiani seinen Rücktritt aus der Ethikkommission. Mauritius Much

Uefa – Verdächtig

Gianni Infantino war gerade Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa geworden, als ihn alarmierende Nachrichten aus seiner Amtszeit als Spitzenangestellter bei der Europa-Union Uefa einholten. Denn Infantino hatte 2006, in seiner Funktion als Direktor der Uefa-Rechtsabteilung, Verträge mit der Briefkastenfirma Cross Trading unterzeichnet – die war im Besitz von zwei Angeklagten im Fifa-Korruptionsskandal.

Die argentinischen Rechtehändler Mariano und Hugo Jinkis hatte von der Uefa TV-Rechte für die Champions League günstig erworben und mit hohem Gewinn in Ecuador weiterverkauft. Infantino wies erst alle Vorwürfe gegen sich zurück. Sogar den Abschluss des Geschäfts mit Cross Trading hatte die Uefa gegenüber der SZ anfänglich verneint, konfrontiert mit den Erkenntnissen aus den Panama Papers dann aber eingeräumt. 

Aufgrund dieses Eingeständnisses rückte nur Tage nach der SZ-Veröffentlichung die Schweizer Bundesanwaltschaft in die Uefa-Zentrale am Genfer See ein; sie stellte an Infantinos altem Arbeitsplatz Beweise sicher. Fortan äußerte sich auch der neue Fifa-Chef konzilianter. Es sei „in meinem Interesse und im Interesse des Fußballs, dass alles ans Licht kommt“, schrieb er und sicherte den Behörden Hilfe bei der Aufklärung zu.

Die Ermittlungen dauern an, wird aus Bern mitgeteilt. Die SZ-Veröffentlichung, hieß es im Vorjahr, hätte „zusätzliche Hinweise“ für das Verfahren erbracht, die Razzia habe indes auf einem Verdacht basiert, der sich „durch Erkenntnisse aus einem anderen Verfahren“ und „Finanzanalysen“ ergeben habe. Welcher Verdacht das genau ist? Bis heute unklar. Thomas Kistner


Lionel Messi – Ärger wegen Panama-Firma

Wenn der beste Fußballer der Welt offshore geht, dann muss seine Briefkastenfirma offenbar auch einen standesgemäßen Namen haben: Mega Star Enterprises heißt die in der Steueroase Panama gegründete Firma von Lionel Messi. Das geht aus den Panama Papers hervor. Für den argentinischen Stürmer des FC Barcelona ist die Mega Star indes nicht die erste Briefkastenfirma. Mithilfe eines ganzen Offshore-Geflechts hat er die Einnahmen aus seinen Bildrechten zwischen 2007 und 2009 dem spanischen Fiskus verschwiegen. Dabei half ihm eine uruguayische Kanzlei – dasselbe Anwaltsbüro ging ihm auch bei der Mega Star Enterprises zur Hand. Insgesamt 4,1 Millionen Euro an Steuern soll er hinterzogen haben. Ein Gericht in Barcelona verurteilte ihn deshalb im Juli 2016 zu 21 Monaten Haft.

Weil das Strafmaß aber weniger als zwei Jahre beträgt, wird Messi wohl nicht ins Gefängnis müssen. Zumindest nicht wegen der Steuerhinterziehung zwischen 2007 und 2009. Gefährlich werden könnte es für ihn, sollten die Behörden auch Steuervergehen im Zusammenhang mit der Mega Star Enterprises finden. Kurz nach Veröffentlichung der Panama Papers leiteten sie Untersuchungen ein. Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung wollten sich aber weder die Steuerbehörde noch die Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen äußern. Laut Informationen von El Confidencial, dem spanischen Partnermedium der SZ bei der Auswertung der Panama Papers, ist bisher weder eine Anklage vorbereitet noch erhoben worden. Bis auf weiteres kann Mega-Star Messi unbehelligt für Barcelona auf Torejagd gehen. Mauritius Much

Werner Mauss – Agent in der Klemme

Erst durch die Recherchen zu den zahlreichen Firmen von Werner Mauss in den Panama Papers wurden bereits seit 2012 laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum öffentlich. Inzwischen läuft schon seit September 2016 ein Verfahren vor dem Bochumer Landgericht gegen den Geheimagenten, dem vorgeworfen wird, mehr als 16 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Das Gericht würde zwar auch interessieren, welche Rolle Offshore-Firmen bei den komplexen Finanztransaktionen des Angeklagten spielten (mindestens zwölf davon hat Mauss mit seinen verschiedenen Scheinidentitäten entweder selbst besessen oder hatte Zugriff auf sie); doch bisher hat der frühere Privatermittler dazu nichts gesagt.

Tatsächlich hat der inzwischen 77-jährige Mauss, eine echte Berühmtheit in der Geheimdienstwelt der alten Bundesrepublik, gerade andere Probleme. Fast verzweifelt versucht er das Gericht davon zu überzeugen, dass das enorme Vermögen, auf das er die Steuern schuldig sein soll, gar nicht ihm gehört. Ein Bund aus westlichen Geheimdiensten soll ihm 1985 einen rund 23 Millionen US-Dollar schweren Fonds eingerichtet haben, mit dem er seitdem seine Einsätze in aller Welt bezahle. Das Geld stamme aus dem Ausland, gehöre nicht ihm – und müsse daher nicht von ihm versteuert werden. Er könne dafür auch einen Zeugen präsentieren – bisher lehnt das Gericht aber ab, diesen anzuhören. Mauss droht eine mehrjährige Haftstrafe. Gegründet worden sein soll der Fonds übrigens in einem Land, das sich als Finanzplatz für kompliziertere Geldgeschäfte berühmt ist: Panama. Ralf Wiegand


Panama Painting – Kleiner Mann ganz groß

Ein kleiner Mann mit Hut mischt die Kunstszene auf. Amedeo Modigliani hatte ihn nach dem Ersten Weltkrieg gemalt, das Porträt ging an den jüdischen Kunstsammler Oscar Stettiner. Der aber verlor das Gemälde im von den Nazis besetzten Paris, es handelt sich um NS-Raubkunst, es wurde unrechtmäßig verkauft. Inzwischen ist das Bildnis im Besitz der Kunsthändlerfamilie Nahmad, die im großen Stil mit Meisterwerken spekuliert. Die Nahmads versteckten sich hinter einer in Panama ansässigen Firma namens International Art Center. Deswegen konnte Stettiners Erbe Philippe Maestracci seine Ansprüche gegen die Nahmads erst einmal gerichtlich nicht durchsetzen.

Die Recherche in den Panama Papers ergab, dass die Firma sehr wohl den Nahmads gehört. Die Schweizer Staatsanwaltschaft beschlagnahmte nach der Veröffentlichung für eine Weile das Bild im Genfer Zollfreilager. Die Nahmads änderten nun ihre Strategie und stellten Stettiners Eigentumsansprüche infrage und damit auch die seines Erben Philippe Maestracci.

Doch die weiteren Recherchen der Reporter vom Panama-Team zeigen: Die Herkunft dieses Bildes lässt sich en detail belegen. Auf einem Schild auf der Rückseite des Gemälde ist Stettiners Name erkennbar. Dieser Raubkunstfall lässt sich erstaunlich gut dokumentieren. Und ein historisches Foto zeigt ihn mit Modigliani und dem Bruder von dem porträtierten Mann mit Hut, dem Fabrikanten Georges Menier. Zudem erzählen neu aufgetauchte Dokumente, welche Familien das Raubgut in der Nachkriegszeit besaßen, bevor es 1996 bei Christie’s an die Firma der Nahmads versteigert wurde. Sie bringen auch das Auktionshaus in Erklärungsnot. Ob die Nahmads das Bild am Ende herausgeben müssen, ist nun Sache der amerikanischen Gerichte. Kia Vahland

Russland – Steile Karriere

Eines haben die Panama-Enthüllungen in Russland auf jeden Fall bewirkt: Sie haben aus einem bisher kaum bekannten Musiker einen bekannten Mann gemacht. Sergej Roldugin, Cellist und Jugendfreund von Präsident Wladimir Putin, hatte sich sein Leben lang im Hintergrund gehalten. Nun pries das Staatsfernsehen seinen Einsatz für die Begabtenförderung. Roldugin habe für Millionen Dollar einzigartige Instrumente gekauft, erklärte Wladimir Putin; er sei stolz, solche Freunde zu haben. Nach der Befreiung von Palmira übertrug das Staatsfernsehen im Mai ein Konzert unter Roldugins Leitung aus der syrischen Stadt. Im September zeichnete Putin seinen Freund dafür mit einen Orden für „humanitäre außenpolitische Aktionen“ aus. Der russische Präsident räumte ein, die Panama-Papiere seien authentisch. Aus ihnen war hervorgegangen, dass über Offshore-Firmen, die mit Roldugin in Verbindung standen, insgesamt etwa zwei Milliarden Dollar geflossen sind. 

Der Milliardär und ehemalige Judo-Partner Putins, Arkadij Rotenberg, bestätigte, die Offshore-Konten mit einem großzügigen Kredit gefüllt zu haben. Zu welchem Zweck das Geld floss, wollte er nicht sagen.

Lediglich ein russischer Politiker, dessen Name in den Panama Papers stand, sitzt nun tatsächlich hinter Gittern – wegen einer anderen Affäre. In der Zeit, als Alexej Uljukajew Vize-Chef der Zentralbank war, führte Mossack Fonseca eine Briefkastenfirma auf den Namen seines Sohnes Dmitrij. Als Wirtschaftsminister tappte Uljukajew im November 2016 in eine Falle; Ermittlern zufolge soll er vom Ölkonzern Rosneft für sein Okay für eine Firmenübernahme zwei Millionen Dollar erpresst haben. Julian Hans

Malta – Verwicklungen werden Wahlkampf-Thema

2018 wird in Malta gewählt – und die Panama Papers werden zum Wahlkampf-Thema. Kein Wunder. Zwei wichtige Persönlichkeiten des Kabinetts und enge Vertraute von Premier Joseph Muscat sind verwickelt. Minister Konrad Mizzi und Stabschef Keith Schembri hatten 2014, nach dem Wahlsieg ihrer Labour Party, Firmen in Panama und Trusts in Neuseeland eröffnet, ohne sie den Steuerbehörden zu melden.

Wozu sie dienen sollten, ist bis heute unklar. Der Verdacht, in den Firmen und Trusts sollte womöglich unlauter erworbenes Geld versteckt werden, trieb damals Zehntausende auf die Straße. Mizzi, bis dahin als Superminister für Energie und Gesundheit verantwortlich, verlor zwar seine Ressorts, sitzt aber nach wie vor als De-facto-Energieminister in der Regierung. Schembri behielt seinen Posten.

Um seine Macht zu sichern, hielt Premier Muscat die Öffentlichkeit monatelang mit der Aussicht hin, der Fall werde unabhängig untersucht. Im Februar nun, pünktlich zum Besuch des Ermittlungsausschusses des Europa-Parlaments zu den Panama Papers, präsentierte Mizzi ein Audit eines neuseeländischen Rechnungsprüfers. Seltsam daran: Laut der Zeitung Times of Malta lag der Bericht schon seit fünf Monaten vor. Mizzi beteuerte, er habe die Firma in Panama allein für Familienangelegenheiten nutzen wollen. In dieser Affäre sei er das Opfer von „Fake News“, man diffamiere ihn aus politischen Gründen. Werner Langen, der deutsche Vorsitzende des EU-Ausschusses, sagte nach seinem Besuch auf der Insel, er habe ein „faires und offenes Gespräch“ mit Mizzi geführt, doch weitere Abklärungen und Diskussionen seien nötig: „Noch ist die Lage nicht ganz klar, es schaut nach Geldwäscherei aus.“ Maltas konservative Oppositon, die Nationalist Party, verspricht im Falle des Wahlsiegs, Mizzis und Schembris Geschäftigkeiten auszuleuchten. Oliver Meiler


Nahost – Auch offshore ein König

Die arabische Halbinsel war für die Kanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) ein lukratives Geschäftsfeld: Nirgendwo sonst gibt es so viel geballten Reichtum zu verwalten – und offenbar zu verstecken. 73 Angehörige arabischer Herrscherhäuser tauchten in den Panama Papers als Eigentümer, Begünstigte oder Verwalter von Briefkastenfirmen auf – vom Bruder des jordanischen Königs über den ehemaligen Emir von Katar bis zum saudischen König Salman bin Abdulaziz bin Abdulrahman al-Saud.

Schon frühere Enthüllungen geheimer Vermögen, wie die als Swiss-Leaks bekannt gewordenen Veröffentlichungen von Dokumenten der Genfer Filiale der Bank HSBC, boten Einblick ins pralle Luxusleben auffällig vieler nahöstlicher Prinzen und Königskinder. Den Bürgern der arabischen Monarchien aber blieb diese Erkenntnis weitgehend vorenthalten. Freie Berichterstattung über die Panama Papers war in diesen Ländern kaum möglich. Auch die Journalisten-Vereinigung „Arabische Reporter für investigativen Journalismus“ (ARIJ), welche die SZ bei den Recherchen unterstützt hatte, konzentrierte ihre Berichterstattung auf Verbindungen zum syrischen Despoten Assad und den ehemaligen irakischen Premierminister Iyad Allawi. Er hatte über Mossfon-Firmen Luxusimmobilien in Großbritannien gehalten.

Saudi Arabien führte 2017 eine Mehrwertsteuer ein, das Land möchte unabhängiger vom Ölexport werden und den Haushalt konsolidieren. König Salman aber lebt weiter in dem Luxus, den die Panama Papers aufgezeigt hatten: Im Februar flog er für neun Tage nach Indonesien – mit 459 Tonnen Gepäck. Hannes Munzinger


Beny Steinmetz – Tiefschürfend 

Rund ein halbes Jahr nach den Panama-Papers-Veröffentlichungen wurde der Geschäftsmann Beny Steinmetz in Israel festgenommen. Es geht um den Verdacht der Bestechung und Geldwäsche: Bei einem Geschäft im westafrikanischen Guinea hatte das von Steinmetz gegründete Unternehmen BSGR (Beny Steinmetz Group Resources) 2008 die Schürfrechte für das wohl größte unerschlossene Eisenerzvorkommen der Welt erworben. Das Steinmetz-Unternehmen bekam die lukrativen Rechte so gut wie geschenkt. Es soll sich zu Investitionen in Millionenhöhe in das Eisenerzfeld und den Bau einer Eisenbahnlinie bereit erklärt haben.

Ein guineisches Untersuchungskomittee kam 2012 zu dem Schluss, dass es bei dem Deal nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Es steht der Verdacht im Raum, dass guineische Beamte und eine Ehefrau des damals regierenden Präsidenten Lansana Conte über zwischengeschaltete Briefkastenfirmen und mindestens einen Mittelsmann bestochen wurden. Die Panama Papers scheinen diesen Verdacht zu stützen. BSGR und Steinmetz haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

In mehreren Ländern laufen derzeit Ermittlungen zu dem obskuren Guinea-Geschäft. Steinmetz selbst wurde im Januar aus dem Hausarrest entlassen. Nach Polizeiangaben hat er eine Kaution von umgerechnet rund 25 Millionen hinterlegt und darf Israel vorerst nicht verlassen. Steinmetz steht indes in Rumänien vor Gericht. Ihm werden unter anderem Geldwäsche und die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Er bestreitet die Vorwürfe. Frederik Obermaier


Zusammenstellung und Dokumentenrecherche: Elisabeth Gamperl und Hannes Munzinger